Essen in Madrid – update: 9. Mai 2007

Bisherige Kritiken:

  • Restaurante Esteban: "Dinner for One"-Kellner serviert gutes Schnitzel
  • Pizza Jardin: "Verkleisterter Diplomatensalat"

Dies ist eine lose Folge von Restaurantkritiken – hier für Madrid, auf der beizeiten gleichfalls erscheinenden Seite "Essen in Kopenhagen" für … na? … erraten: Kopenhagen!

Eingangs sei jedoch bemerkt, dass ich weder ein geschulter Schmecker noch ein ausgewiesener Weinkenner bin. Ich will lediglich einen vollkommen subjektiven kulinarischen Eindruck vermitteln, der sich denn auch nur auf das beziehen kann, was ich tatsächlich verspeist habe, kann ich es mir doch leider nicht leisten, eine repräsentative Auswahl aus der Speisekarte zu verkosten. Wenn ich allerdings mit dieser Blogseite mal so einflussreich bin, dass man mir die Speisekartenauswahl frei Haus gewährt, nach dem Loriotschen Motto "Wenn sie diese Sorte mal verkosten wollen", würde ich mich durchaus bereit erklären zur repräsentativeren Bewertungen. (Aber auch nur so lange sich mir kein Oberkellner mit dem Angebot "Mögen Sie Ernst zu mir sagen?" aufdrängt.)

Vielleicht gelingt es mir ja gelegentlich, mit meinen Essenstexten die ebenfalls kulinarisch interessierten Leserinnen und Leser ein wenig zu unterhalten, und wenn sich der eine oder die andere bei einem Besuch in Madrid von meinen Empfehlungen inspiriert oder meinethalben auch gewarnt fühlt, dann ist das gut so.

Und da wir ja alle Fans von undifferenzierten Notenwerten sind, auch wenn sie eigentlich nicht viel aussagen, liefere ich am Ende jedes Textes eine Beurteilung auf der Skala von 0-15 (15: sehr gut plus, 0: ungenügend). So, nun aber guten Appetit!

"Dinner for One"-Kellner serviert gutes Schnitzel

Restaurante Esteban
Cava Baja 36, 28005 Madrid

9. Mai 2007

Mit meinen Eltern verschlug es mich mehr oder weniger aus Versehen in dieses Restaurant. Aus Versehen insofern, als wir eigentlich auf der Suche nach einer netten Tapas-Bar in DER Tapas-Bar-Straße Madrids, in der Cava Baja, waren. Ein flüchtiger Blick auf die Schaufensterkarte verleitete mich zum voreiligen Schluss, dass dies doch angemessene Preise für ein übliches Speisenangebot seien. Also betraten wir das Lokal, welches sich allerdings sogleich als weniger Tapas-Bar als vielmehr gehobenes Speiselokal entpuppte. Nun denn, kaum eingetreten wurden wir von einem der Kellner an einen der üppig mit Stoffserviette, allerlei Gläsern und Besteck ausgestatteten Tische gesetzt. Um uns herum bot sich die Zurschaustellung unzähliger Fotografien, Gemälde und Radierungen dar, die uns recht schnell schließen ließen, dass sich dieses Etablissement mit allen Prominenten (die wir in der Tat fast ausnahmslos nicht erkannten) schmückte, denen hier jemals Einlass gewährt wurde. Die Zahl der anfangs nahezu beschäftigungslosen Kellner stimmte zunächst auch mit der Gästepopulation überein, was der Atmosphäre, in der eine schwummerige Hintergrundmusik von Flöten, Harfen und Geigen irgendwie fehlte, nicht gerade förderlich war. Brot, Chips und Kroketten wurden sogleich aufgefahren, und auf die Frage nach dem "Vino de la Casa" (ist das nicht italienisch?) wurden wir auf die adrett auf dem Tisch zurechtdrapierten Weinflaschen aufmerksam gemacht, von denen wir den 1998er Rioja wählten, der uns bzw. meinem Vater und mir auch außerordentlich gut schmeckte – es war uns denn auch ein leichtes, die Flasche in angemessener Zeit zu leeren.

Zum Essen: Wir hatten ja eigentlich gar nicht viel Hunger. Also bestellte jedes Elternteil eine Vorspeise und ich ein (aus der, sagen wir, mittelochpreisigen Karte) günstigeres Hauptgericht. Und insgesamt war die Auswahl, trotz der Tatsache, dass wir eigentlich die Tapasrichtung einschlagen wollten, mehr als zufriedenstellend. Die Schinkenkroketten, die meine Mutter bestellt hatte, stellten, zusammen mit den Pommes frites, die dazu gereicht wurden, von der Masse her eher eine Hauptspeise dar, so dass Vaters Mischgemüseteller mit einem teil der Pommes mütterlicherseits ergänzt werden konnte. Mein Schnitzel Wiener Art war genau so, wie es sein muss: Hauchdünn, zart, mager, mit goldbrauner, knuspriger Panade, dazu ebenso knusprige und nicht, wie sonst hier oftmals üblich, fetttriefende Pommes frites. Nochmals betone ich ausdrücklich, dass der Wein hervorragend war – trocken, doch leicht und fruchtig und irgendwie genau richtig. Wir waren jedoch zunächst sehr gespannt waren, was der gute Tropfen denn wohl auf der Rechnung hinterlassen sollte, hatten wir doch, um nicht vollkommen die touristische Rolle zu spielen, nicht gefragt, was er denn koste.

Gegen Ende unseres Mahls füllte sich das Lokal und insbesondere der Raum, in dem auch wir saßen, zu einem die gesellige Atmosphäre positiv beeinflussenden Ausmaße. Mein Vater entdeckte dann schließlich auch zwei Deutsche an der Fotowand: Der eine war der von Frisurwegen her von jeher unverkennbare Günter Netzer, der andere war Wolfgang Overath, dazwischen ein hornbebrillter Fußballfunktionär. Auch diese deutschen Sportgrößen haben also im Restaurante Esteban offenbar schon gespeist – herzlichen Glückwunsch! Irgendwann kam dann auch ein Fotograf mit einer riesigen Kamera an die Tische, doch wir und alle anderen Gäste hielten es offensichtlich nicht für wahrscheinlich, einmal so berühmt zu werden, als dass es einmal eine Berechtigung geben würde, uns neben Netzer und Co. an den Nagel zu hängen, so dass das Geknipse gänzlich angelehnt wurde.

Eine Erwähnung finden muss schließlich noch der uns federführend bewirtende Kellner, der meine Mutter bei jedem Vorbeigang mindestens zum Schmunzeln veranlasste, und der meinen Vater messerscharf auf eine mehr als deutliche Analogie zum von uns allen doch so hochgeschätzten Dinner-for-One-Ober Freddie Frinton schließen ließ. Dem kann ich nur beipflichten.

Bei vielem Positivem gibt es zwei zu erwähnende Mankos: Einerseits das Brot, das wir nicht anrührten, welches uns aber trotzdem mit 1,90 Euro pro Nase berechnet wurde, andererseits der – trotz der hochgesättigten Kellnerpopulation – mangelnde Service hinsichtlich Nachschenkens von Wein und Wasser. Der Preis war, mit allem Drum und Dran, mit ca. 66 Euro durchaus zu verkraften, wobei der Wein lediglich mit 16,80 Euro ins Gewicht viel (ich hatte mit ungefähr 30 gerechnet).

Als Gesamtbewertung bekommt das Lokal von mir 12 von 15 möglichen Punkten. Allen, die ein bisschen mehr Geld ausgeben wollen und ein klassisch-gehoben-altbackenes Restaurant in Madrid erleben möchten, sei das Restaurante Esteban wärmstens empfohlen.


Verkleisterter Diplomatensalat

Pizza Jardin
Goya 5, 28001 Madrid

1. Mai 2007

In dieses Lokal machte ich am Tag der Arbeit einen Abstecher, um auf dem Weg
zum Museum vor der Arbeit noch eine kleine Stärkung zu mir zu nehmen.
Viel Hunger hatte ich nicht, aber Appetit, und am Feiertag will man
sich ja auch irgendwie immer was gönnen, auch wenn’s nur ‘ne
Kleinigkeit sein dürfte. Also geriet ich mehr oder weniger ohne großes
Suchen in dieses Lokal, welches wohl Mitglied einer größeren
-anscheinend italienisch überformten- Restaurantkette ist. Zunächst
wurde ich – dies allerdings wegen meiner immer noch dürftigen
Spanischkenntnisse, über zwei Kellnerinnen hinweg weitergereicht, um
schließlich beim Herrn Organisator/Platzanweiser zu landen, der mir
anhand der Zuweisung eines vollkommen ungemütlichen Plätzchens in einem
vollkommen leeren Raum (außer der Menge eingedeckter Tische, versteht
sich) gleich bedeutete, dass er es lieber gesehen hätte, wenn ich zu
mehrt gewesen wäre. Ich hatte dann auch eine entzückende
Glas-Säulen-Wand quasi direkt vor’m Kopp, so dass ich mich ein bisschen
wie hinter schwedischen Gardinen fühlte. Da ich wie bereits erwähnt
nicht so viel Hunger hatte, bestellte ich einen "Ensalada diplomático",
angeblich eine Empfehlung des Hauses, dazu ein Bier vom Fass. Die
Pflanzenteile im Salat selbst waren dann auch gar nicht so schlecht,
weil sehr frisch, die Tomatenanteile waren recht üppig, wogegen ich
nichts hatte. Weniger üppig fiel die Hähnchenbrust aus, die als zarter
Hauch von Nichts unter einem Kleister aus Roquefortsauce verschüttet
war. Ein Lawinensuchtrupp des THW wäre durchaus angebracht gewesen.
Darüberhinaus blieb ich zunächst brotlos, bis ich auf Nachfrage doch
noch paar Kohlenhydrate vom wenig aufmerksamen Service hereingereicht
bekam. Auch war das Brot nicht das allertollste – die
Baguettescheibchen waren zwar adrett angeschrägt geschnitten, doch
mangelte es sowohl an der gewünschten hefig-weichen Dichte im Innern
als auch an einer unübertriebenen Knusprigkeit im Äußeren. Die
hilflosen Mini-Toast-Croutons machten die Sache nicht besser. Immerhin
wurde dieses Häuflein Elend nicht gesondert berechnet. Im Salat fehlte
schließlich, außer besagter Roquefortkleisterlawine, eigentlich alles
vom üblicherweise zu erwartenden Nuancenensemble, die so schwierig ja
nun gar nicht in so ein frisches Etwas hineinzuzaubern sind: Keine Spur
von angemessenem Salzgehalt, von einem Hauch frischer Säure, einer
Kräuternote oder einer Note pfeffriger Schärfe. Und wie dieser
Roquefortkleister zu seinem Geschmack kam, blieb mir auch verborgen,
denn es war nichts zu entdecken von einem Anflug echten Blauschimmels
oder wenigstens des dazugehörigen Blaugrüngrau. Wie macht man das? Mit
Chemie? Keine Ahnung. Zwei Pluspunkte: Das Bier war groß, frisch
gezapft und schmeckte sehr gut (das habe ich aus einer von Wolfgang
Siebecks letzten ZEIT-Kolumnen abgekupfert ;-), aber es beschreibt die
Sache sehr treffend. Und das Ambiente war, abgesehen von meiner
Platzierung, durchaus ansprechend, man könnte es als hip-stilvolle,
sportliche Eleganz bezeichnen. Immerhin kostete der Spaß insgesamt
weniger als 10 Euro, was es zwar nicht rausreißt, aber
abmildert. In diesem Sinne: Eine Gesamtbewertung von 7 Punkten (von
möglichen 15).

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