Frohe Weihnachten!

Es waren turbulente Wochen, die nun hinter mir liegen. Zwar haben sich die aufregenden und spannenden Wellen der Vielreiserei, die durch den Sommer hindurch meinen Alltag prägten, seit Anfang November an den Felsen meines neuen Erstwohnsitzes Madrid etwas beruhigend gebrochen, doch ist ein Leben in der spanischen Hauptstadt keineswegs von einem Leitmotiv der Geruhsamkeit geprägt: Bürokratiehürden, Wohnungssuche, Arbeit, Bier mit Kollegen, mehr Arbeit, Wohnungseinrichtungsbesorgungen, mehr Arbeit, mehr Bier mit Kollegen, noch mehr Arbeit, Weihnachtsgeschenkkauf, noch mehr Bier… – all das hat auch meine Wochen in Madrid weiterhin spannend und erlebnisreich sein lassen. Und keinesfalls kommt es mir zu, eine Beschwerde vom Stapel zu lassen angesichts meines derzeitigen Lebens, welches ich doch durchweg als großes Privileg, ja als Glück bezeichnen kann und will.

Doch trotzdem empfinde ich große Freude, nun die Weihnachtstage im Kreise meiner Familie zu verbringen. Dieser Tage zeigt es sich für mich einmal mehr, dass der Mensch Anker braucht. Ein solcher Anker sind die Weihnachtsrituale, die sich in meiner Familie Jahr für Jahr erleben lassen. Dazu gehört der Spruch des Vaters zum Weihnachtsbaum: “So einen schönen Baum hatten wir noch nie”, dazu gehören die drei üblichen Lieder, die vor der Bescherung zu meinem Klavier(ver)spiel erklingen (Oh du fröhliche / Es ist ein Ros entsprungen / Stille Nacht, heilige Nacht), dazu gehören Sekt, Rotwein und gutes Essen, und schließlich die Christmette in der Altenkirchener katholischen Kirche St. Jakobus major. Und innerhalb letzeren Ritualteiles – des eigentlichen Höhepunktes der Heiligen Nacht – ereignen sich wiederum viele Rituale, die, obgleich man sie eigentlich gerne missen möchte, doch irgendwie auch dazugehören, beispielsweise ein Kirchenchor, dessen Intonation nach einem Takt um mehr als einen Halbton abgesackt ist oder ein Pfarrer, dem es trotz allen guten Willens nicht gelingt, in seiner Weihnachtspredigt einen Gedanken zu einem sinnvollen Ende zu bringen, der nicht einmal von Hölzchen auf Stöckchen kommt, sondern zahlreiche vollkommen zusammenhanglose Gedankenhölzchen hintereinanderlegt. Doch trotzdem ist die Christmette nicht nur abstrakt für den Katholiken der Höhepunkt der Weihnacht, nein, auch realiter war der Weihnachtsgottesdienst für mich an diesem 24. Dezember das wichtigste Ereignis: Die Menschwerdung Gottes ist eben für mich als Christ ein so tiefgreifend berührendes Ereignis, zumal umrahmt von den Liedern “Heiligste Nacht” zum Sanctus und “Stille Nacht” zum Schluss, zumal mit Weihrauch, Gebet und Segen, dass mir im wahrsten Sinne das Herz aufgeht.

Mit diesem “offenen Herzen”, so sei es mir an dieser Stelle an der Grenze zu Sentimentalität und Pathos auszusprechen gestattet, wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest. – In diesen Wunsch schließe ich auch und ausdrücklich alle, die mit der Geschichte, ja dem Sinn der Weihnacht nichts anfangen können, ein – mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen.

Frohe Weihnachten,

Ihr und Euer

Christian Hof

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