Mammut starb durch Klima – dreht sich der Spieß nun um?

Den geschätzten Blogleserinnen und -lesern möchte ich eine Pressemitteilung zu aktuellen Forschungsergebnissen aus meinen derzeitigen Arbeitsgruppen nicht vorenthalten. Insbesondere möchte ich
auf den zweiten Teil des Textes verweisen, in denen erste Ergebnisse
meiner eigenen Studien besprochen und visualisiert werden. Eine pdf-Version der vollständigen Mitteilung findet sich hier zum download: PM_Mammut_Klima.pdf

Forscher aus Madrid und Kopenhagen warnen vor einem Teufelskreis der Erderwärmung durch massenhafte Freilegung von Großtierkadavern durch Abschmelzen der Dauerfrostböden Sibiriens.

Eine der vielen ungelösten Fragen der Paläobiologie ist die nach der Ursache des Aussterbens der eiszeitlichen Großsäuger. Höhlenbär, Wollnashorn, Riesenhirsch, Höhlenlöwe und Wollhaarmammut (Mammuthus primigenius) sind die prominenten europäischen Vertreter, die am Ende der Epoche des Pleistozän (vor ca. 10.000 – 12.000 Jahren) das Zeitliche segnete. Aufgrund mangelnder Dokumentation – schriftliche Überlieferungen menschlicher Zeitgenossen fehlen gänzlich – bewegen sich die Erklärungslinien für das Aussterben der Kolosse nach wie vor im Theoretischen. Als wichtigste Erklärungsansätze werden die Overkill-Hypothese und die Klima-Hypothese ins Felde geführt. Während der menschliche Einfluss durch Jagd, einhergehend mit der weltweiten Ausbreitung des Homo sapiens und der Verbesserung der Waffentechnik das Faktenfundament für die Overkill-Hypothese bestimmt, basiert die Klima-Hypothese auf der Annahme, dass der rasante Klimawandel nach der Hochphase der letzten Vereisung den Tieren die natürliche Lebensgrundlage entzog.

Dr. David Nogues-Bravo, Nachwuchswissenschaftler am Nationalen Naturhistorischen Museum in Madrid, belegt in einer jüngst veröffentlichten Studie (PLoS Biology, Band 6 (4), April 2008) unzweifelhaft, dass die Hinweise für die Klima-Hypothese sich deutlich verdichten könnten. Mit einem Klima- und Populationsmodell analysierte der Forscher die Überlebenswahrscheinlichkeit des Wollhaarmammuts bis hoch in die Regionen des nördlichen Sibiriens, wo die Umweltbedingungen am ehesten ein Überleben der gewaltigen Elefantenverwandten hätten zulassen können (vgl. hierzu auch die aktuellen Berichterstattungen des englischen New Scientist, der spanischen Zeitung El Pais und des deutschen Wissenschaftsmagazins scinexx.de). Wie sich in seinen Berechnungen der Überlebenskurven zeigte, ließen die Klimabedingungen im Verlauf der nacheiszeitlichen Perioden ein Überleben maximal einer minimalen Population zu, die auf der Grundlage gängigen Wissens jedoch nicht überlebensfähig war. “Wir waren selbst erstaunt über die Ergebnisse”, so David Nogues-Bravo, “denn wir dachten eigentlich, die mobilen Großsäuger hätten die Fähigkeit, sich durch Wanderbewegungen ins Kühle zu flüchten”. Die madrilenischen Forscher schließen nichtsdestotrotz den Einfluss des Menschen mitnichten aus. “Die Jagdaktivitäten der nach Norden vordringenden eiszeitlichen Jäger haben der Minipopulation wahrscheinlich den finalen Todesstoß versetzt”, gibt Nogues-Bravo zu bedenken.

Folgestudie lässt Furchtbares ahnen

Angesichts der medial allenthalben sichtbaren Klimaerwärmung des Globus sehen sich indessen beinah sämtliche biowissenschaftlichen Forscher in der Pflicht, auch irgendwas im Klimawandelbereich zu forschen. Auch Christian Hof, Doktorand im dänischen Zentrum für Makroökologie an der Universität Kopenhagen sowie, in kollegialer Verbundenheit mit den Mammutexperten, am Naturhistorischen Museum in Madrid, hat sich das Forschen gegen das Weltklima auf die Fahnen geschrieben. Sich die bahnbrechenden Mammuterkenntnisse der Kollegen zum Anlass nehmend fragt er sich, was mit den Abertausenden im Permafrost Norsibiriens und Nordkanadas schlummernden und durch Tiefkühlung unversehrt konservierten Tierkadavern geschieht, wenn sie, durch den vom anthropogenen Kohlendioxidausstoß verursachten globalen Temperaturanstieg freigelegt, der Verwesung anheim gegeben werden? Ersten, bisher unveröffentlichten Berechnungen zufolge zeichnet sich durch den Effekt eine Potenzierung der Klimakatastrophe ungeahnten Ausmaßes ab. Verwesungsgase vervielfachen bekanntlich den Treibhauseffekt mit ihnen interagierender Kohlendioxide, bei gleichzeitig verstärkendem Effekt durch Kuhdungmethan. “Wir sollten die Standby-Geräte deutlicher abschalten als bisher, alle unvernünftigerweise brachliegenden Atomkraftwerke unverzüglich wieder ans Netz nehmen und endlich Ernst machen mit der lange angekündigten Verbannung der gewöhnlichen Glühbirne”, mahnt Christian Hof, der in Marburg Biologie und politische Interaktionswissenschaften studierte. Eine zusammenfassende Grafik sowie die für ein breites Publikum vereinfachten Formeldarstellungen visualisieren schonungslos und unzweideutig seine bisherigen Analysen (vgl. Abbildung). Wie die Kurve verdeutlicht, folgt einem Anstieg in allen Bereichen der extreme Abfall insbesondere der gepunkteten, den menschlichen Bevölkerungsverlauf zeigenden, Kurve. Zu beachten ist die doppelt logarithmische Darstellung in epischer Breite. Die roten Pfeile zeigen, wo es passiert, insbesondere im Schnittpunkt der Graphen (a) zum normal-anthropogenen Anstieg, (b) zum Verwesungstempo und (c) zum anthromorbidinteraktiven Klimaanstieg. Hofs Studie zeigt eindrucksvoll, wie sich miteinander agierende Effekte verknüpfen und gegenseitig verbinden, von denen man gar nicht erwartete, dass sie überhaupt auftreten. “Mein Fazit ist: Das ist zu unterschätzen! Wir können nur noch hoffen”, so Christian Hof abschließend.

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2 Kommentare

  1. Meinem gestrigen Beitrag über die dramatischen Auswirkungen etwaiger Verwesungen von Tausenden aus dem Eis freigelegter Mammutkadaver sei ein wichtiger Hinweis nachgetragen: Man beachte die zeitliche Komponente des Berichts, insbesondere das Datum der Pre

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