In Bayern hat’s gekracht. Eine Wahlnachlesepolemik.

Die Wähler des Freistaates haben dem Triumphduo Huber und Beckstein einen klaren Regierungsauftrag erteilt. Dies versuchte die CSU-Generalsekretärin Haderthauer in Deppendorfs Berliner Runder der Pofallas, Bartschs, Heils, Lemkes und Niebels, dem Wahlvolk soeben glauben zu machen. Wer da nicht mit ihrem gesundem politischen Menschenverstand hadert, den hauert’s glatt um. Um 17 Prozent ist die Staatspartei mit dem Motto “Wir sind Bayern” (oder, frei übersetzt “Der Wähler g’hört uns”) eingekracht, und keiner ist Schuld in der schwarzblauen organisierten Verantwortungslosigkeit: Huber dankt Beckstein für einen großartigen Wahlkampf und der CDU-General Pofalla näselt sich einen von den tollen Chancen für die schwarzgelbe Option 2009 zurecht. Da piept’s nicht mehr nur wohl, da kracht’s eher unwohl.

 

Doch wen die krachende Niederlage der Union im Bayernland wundert, den verweise ich auf die Bundestagsdebatte am vergangenen Donnerstag, der die Scheinheiligkeit der CSU offenbarte. Von Garmisch bis Aschaffenburg landab im Bierzelt proklamierten die blauschwarzen Wahlkämpfer – gegen das Votum der merkelschen Schwesterpartei übrigens – die Wiedereinführung der vollen Pendlerpauschale. Dreisterweise hatte sich nun im Berliner Reichstag die Linkspartei ebendiese Forderung in Form eines Antrags zueigen gemacht, über den sie – die Schelme – zudem noch namentlich abstimmen ließen. Gar armselig erschien einem da der CSU-Abgeordnete Albert Rupprecht, den seine Fraktion am Rednerpult der Häme des gesamten Plenums von Gelb bis Dunkelrot sowie der allgemeinen Lächerlichkeit preisgab: “Wir betreiben die Wiedereinführung der Pendlerpauschale mit Nachdruck, daher stimmen wir heute geschlossen dagegen” lautete sein blauweißes Credo, getreu dem Slogan “Vom Blau, das ich im Freistaat dem Stammtisch vom Himmel herunterfantasiere, weiß ich im Hohen Hause zu Berlin nichts mehr.” Der Denkzettel kam prompt – in Form eines weniger weißen als vielmehr blauen Briefes des Wahlsouveräns.

Dass allerdings die Sozialdemokratie und ihr Spitzengenosse Franz Maget von der Niederlage der Union nicht profitieren konnte, soll hier der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben, maget uns gefallen oder auch nicht. Die Anzahl der jeweiligen Landtagslagerinsassen bleibt einigermaßen gleich. Was die SPD verliert, gewinnen die Grünen und mit ihnen ihr sympathischer Frontmann Sepp Daxenberger (Glückwunsch!), was bei der CSU wegkracht, lagert sich bei den Freien wählern und den anderen, Neo-Liberalen an (wobei die bayrische Landesvorsitzende der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, noch zu den weniger neo als mehr vernünftigen Vertretern ihrer Partei gehört). Die Linkspartei scheitert knapp, aber trotzdem. Doch obwohl das für Bayern kein allzu großer Schaden sein mag, so darf der sozialdemokratischen Kandidatin für’s Schloss Bellevue mehrheitlich übles schwanen – was schade ist.

Nun denn – wer wird nun nach dieser Krachwahl die Regierungslederhosen anhaben? Zunächst dürfen wir gespannt sein, ob es zwischen den Konservativen in Bayern nicht zum personellen und im Bund nicht zum grundsätzlichen Wahlkrach kommt. Doch davon abgesehen steht zu befürchten, dass durch gelbe Steigbügelhilfe dem sattelfesten Sitz der CSU auf dem Staatskanzleiross dann doch keiner was anhaben kann. Immerhin würde dies die Staatspartei zwingen, so manchen Filz aus den Pantoffeln zu kratzen, unter denen sie den Freistaat während beinah 50 Jahren stehen ließ. Ein spannenderes Abenteuer, und auch – diese These maße ich mir in aller Pauschalität freimütig an – für die Demokratie in Bayern und ganz Deutschland ungleich wohltuender, wäre ein Koalitionsversuch, der die seit jeher sich qua Partei als regierungsbemüßigt wähnenden Hubers, Becksteins und Söders auf die Oppositionsbank zwingen würde. Wenn ein sozialdemkokratischer Ministerpräsident, gestützt von einem bunten Strauß ambitionierter Koalitionsfraktionen, in Bayern die Fenster aufstieße, um frischen Wind eine allgemeine Entmiefung von Amtsstuben und Hirnen hereinzulassen. Letztere Option wäre ein wirklicher Krach in der politischen Orchestrierung der deutschen Politik – weniger als verwirrendes Chaos indes, sondern vielmehr als reinigendes Gewitter!

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2 Kommentare

  1. moin vogelwart,
    zu deiner politischen (oder ist’s eine satirische?) analyse des wählerInnenwillens meine hochachtung. bitte schreibe – und veröffentliche mehr!
    ins ferne ausland alles gute
    mr:cl

  2. Lieber Christian,

    schön mal wieder was von dir zu lesen. Mir sind ja nach wie vor diese “Freien Wähler” suspekt – politisch kann ich sie kaum einordnen. Naja, jetzt erstmal abwarten, wie es in Hessen weitergeht.
    Herzliche Grüße ins bestimmt viel wärmere Land!

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