Spanische Ostern

Karsamstagsprozession

Am Karsamstag kam ich dann doch noch in den Genuss einer der verschiedenen Prozessionen, wie sie in Spanien offenbar üblich sind.

[Fotos zu Prozession und zum Ostersonntag in der Kathedrale gibt es hier]


Besonders Sevilla ist bekannt für seine zahlreichen,
teils sehr langen, beschwerlichen, obskuren Prozessionen, bei denen die
Teilnehmer oft barfuß laufen und tonnenschwere Heiligenfiguren
kilometerweit schleppen. Die Prozession, die nun also am Samstag im
Stadtzentrum erleben durfte, war im Gegensatz dazu eher eine
abgespeckte Version, doch nicht minder ernst waren die Gesichtszüge
sämtlicher Mitmarschierender. Vorneweg die Kavallerie, sprich
uniformierte Reiter mit rosa Federbüscheln auf dem blankgeputzten Helm.
Dahinter gleich das in neongelb gewandete Pferdeapfelkommando, das
jedes Stück solchen Fallobsts schnellstmöglich in seinen Eimern
verschwinden ließ. So intensiv sollten lieber mal die Bürgersteige von
all dem Hundeschiss befreit werden – ein sehr unschönes Markenzeichen
der spanischen Hauptstadt. Aber zurück zum Karsamstagsumzug.
Ausgerichtet werden die Prozessionen von den Madrider Bruderschaften,
wobei ich keine Ahnung habe, was das letztendlich für Vereine sind.
Ihre offenkundigen Mitglieder waren jedenfalls sehr
ehrwürdig-konservativ gekleidet – Herren in Frack oder Anzug, mit
sämtlichen orden und Ordensbändern, die sie in ihren Vitrinen fanden,
mit silbern beknauften Gehstöcken und einer Miene, wie sie ernster
nicht sein könnte, alte Damen schwarzen Gewändern, mit schwarzen
Spitzenhauben und ebenso ernsten Mienen. Trommelgruppen in Mönchskutten
mit noch ernsterer Miene, von Klein bis Groß, wobei die ganz kleinen
ihre Trommeln besonders hart verdroschen. Klappertruppen mit Rasseln
und einer Kiste, die wie ein Folterinstrument aussah, doch wohl eher
der Lärmerzeugung diente. Die obligatorische Blaskapelle, die einen
Trauermarsch nach dem anderen blus, und dann natürlich die Leute in den
Büßergewändern. Auch hier blieb mir bisher verborgen, was das nun soll,
doch beeindruckend sind die Dinger allemal. Hohe Spitzenhauben,
Gewänder in weiß, blau, schwarz und rot, die meisten mit hohen
Spitzhauben, unter denen für das Gesicht nur zwei Augenlöcher bleiben.
Ach ja, und mittendrin natürlich ein großes Marienbildnis, mit Blumen
umrankt, doch nicht, wie in Sevilla, tragende Männer belastend, sondern
auf einem Holzwagen, der geschoben bzw. gezogen wurde, was allerdings
wohl auch kein Zuckerschlecken war. Davor und danach noch Banner und
Flaggen mit allerhand Emblemen, Wappen und Jahreszahlen.

Alles
in allem war das quasi ein Karnevalsumzug ohne Frohsinn, ohne Zweifel
ein Erlebnis, doch mich hat dieser obskure Marsch eher abgeschreckt –
zumal weniger Trauer, Besinnlichkeit oder Melancholie ausgestrahlt
wurde als vielmehr Griesgrämigkeit, übertriebene Strenge und Zorn (vgl.
Trommel- und Rassellärm).

Sonntägliche Festtagsstimmung

Um
so angenehmer war dann das ostersonntägliche Auferstehungshochamt, wie
die Karfreitagsliturgie vom seiner Eminenz, dem Erzbischof geleitet,
mit allem Pomp und Gepränge, und einem noch größeren Gefolge als am
Karfreitag – 6 Seminaristen, 4 Diakone, 22 Priester und zwei
Weihbischöfe. Der Chor war zwar nicht viel besser als am Freitag, aber
er gab sich Mühe. Schade ist, wie ich finde, dass es offensichtlich
keine Gemeindelieder gibt – das meiste singt der Chor, das Gloria und
das Paternoster war in latein und wurde gemeinschaftlich gesungen. Der
Organist gab sein bestes (und es gelang ihm!), und ließ den pompösen
Auszug mit einem gewaltigen Schlussspiel enden, das ich in der
sonnenumfluteten und freundlich erleuchteten Kathedrale genoss.

Andere Länder, andere Sitten

Ein
profaner Nachtrag noch: Wer glaubt, die Spanier hätten es genau wie die
Deutschen zu Ostern in Sachen Schokoladenhasen, Ostereierfärben und all
dem Firlefanz, der irrt. Nichts davon. Nicht ein schnödes Schokoei habe
ich beim Einkauf am Samstag gefunden, und ich habe wirklich die Augen
offen gehalten. Das höchste der Gefühle war offenbar ein Hefezopf mit
eingebackenen (ausgeblasenen?) Eierschalen. Aber muss ja auch nicht…

Was
auch noch anders ist, das sei noch der Vollständigkeit halber erwähnt:
Gründonnerstag ist Feiertag, Ostermontag aber nicht. Sei’s drum.

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