Wegweisende Wissenschaft

Dieser Blogeintrag hat in mehrerer Hinsicht wegweisenden Charakter: Er zeigt großartige Forschung im Verbund mit einem Beispiel für den freien Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen.

Auf dem Bild zu sehen ist ein Goliathreiher (Ardea goliath), den ich auf unserer Exkursion 2005 in Namibia for die Linse bekam.

Zum einen mache ich die interessierten Leser hiermit gerne aufmerksam auf einen großartigen Artikel von Walter Jetz, gewissermaßen ein Kollege (wenn er mir auch hinsichtlich Karriere und Publikationsleistung weit voraus ist), der, wenngleich deutscher Herkunft, beneidenswerterweise an der Universität von San Diego forscht und lehrt. Walter und seine Kollegen analyisieren in ihrer in PLos Biology erschienenen Arbeit die Gefährdung, die für die globale Artenvielfalt der Vögel vom Klimawandel und der sich verändernden Landnutzung ausgeht. Je nach prognostizierter Veränderung des Klimas und der Landnutzung sind ihren Ergebnissen zufolge bis zu einem Fünftel aller Landvögel der Erde vom Aussterben bedroht. Eine Zusammenfassung des Artikels ist weiter unten zu finden.

Zum anderen ist die Veröffentlichung dieses Artikels ein Beispiel für die unterstützungswerte Idee des "open access" – welche das Ziel verfolgt, allen Interessierten den Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen zu ermöglichen. "Freie Wissenschaft und freie Bildung" ist hier das Stichwort, dem ich mich auch aufgrund meiner hochschulpolitischen Herkunft – der Liste "Fachkraft" an der Uni Marburg, verpflichtet fühle. Die Zeitschrift PLoS Biology (PLoS steht für "Public Library of Science"), in welcher der hier empfohlene Artikel jüngst erschien, hat sich eben diesen Zielen verschrieben, was im vielfach allzu ökonomieorientierten Wettlauf der kommerziellen Wissenschaftsjournale ein wohltuender Lichtblick ist.

Die Autoren fassen ihren Artikel

Jetz, W., Wilcove, D.S., Dobson, A.P. (2007): Projected impacts and land-use change on the global diversity of bird. – PLoS Biology 5 (6), 1211-1219.

wie folgt zusammen (aus dem Englischen ins Deutsche übertragen von mir):

Landnutzung und Klimawandel zeigen bereits signifikante Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die mit dieser assoziierten "ecosystem services". Indem wir die Prognosen zu zukünftigen Landnutzungsveränderungen des kürzlich beendeten "Millenium Ecosystem Assessment" verwendeten, konnten wir zeigen, dass zwischen 900 und 1.800 der 8.750 Landvogelarten der Erde bis zum Jahr 2100 von Klimawandel und Landnutzung bedroht sind. Diese Prognosen basieren auf der Annahme, dass die Vögel als Reaktion auf den Klimawandel kein nennenswertes Ausweichverhalten zeigen. Ein solcher Prozess würde die von uns vorhergesagte Reduktion der Verbreitungsgebiete weniger stark erscheinen lassen.
Während der Klimawandel in höheren geografischen Breiten der wichtigste Faktor ist, der das Vorkommen der Vögel schrumpfen lassen wird, zeigen unsere Prognosen, dass die Landnutzungsveränderungen bzw. Lebensraumzerstörungen (z.B. Entwaldung, Umwandlung von Grasland in Ackerland etc.) wesentlich stärkere Auswirkungen in den Tropen haben werden. Dies liegt insbesondere daran, dass die Vögel in den Tropen extrem artenreich sind und oftmals sehr kleine Verbreitungsgebiete haben, was ihre Aussterbewahrscheinlichkeit erhöht. Im Gegensatz dazu ist die Vogelwelt südlicherer bzw. nördlicherer Breiten weniger divers und haben die Arten größere Areale.
Ein immens erweitertes Schutzgebietsnetzwerk in den Tropen, verbunden mit deutlich ambitionierteren Zielen zur Treibhausgasreduktion und zur intensiveren Untersuchung der Einflüsse auf die Artenvielfalt wird nötig sein, um das globale Artensterben zu minimieren.

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