Ein Monat im Spiegel

Wer angesichts des Titels denkt, hier handele es sich um eine Zusammenfassung der in den vergangenen ca. 30 Tagen in nämlichem Nachrichtenmagazin erschienenen Artikel, irrt. Vielmehr will ich hiermit auf den letzten Monat zumindest kurz reflektierend Rückschau halten. Viel zumeist höchst erfreuliches hat sich nämlich ereignet in dieser Zeit, was hier freilich nicht in aller Ausführlichkeit der geschätzten Leserschaft anheim gegeben werden soll, doch besonders sei natürlich die neuerliche Verlagerung meines Lebens- und v.a. Arbeitsmittelpunktes von der spanischen in die dänische Hauptstadt erwähnt.

Am 1. März bereits bewegte ich mich denn also, diesmal mithilfe eines Einwegtickets (zu neudeutsch one-way ticket) von Madrid nach Kopenhagen, um dort in der Wohnung, die ich von Spanien aus lediglich virtuell in Augenschein genommen hatte und deren Vermieter mir wiederum ohne die Inaugenscheinnahme meiner Person glücklicherweise den Zuschlag gegeben, meine Zelte (oder besser gesagt meine Koffer) aufzuschlagen. Meiner Begeisterung ob der Ausstattung meines Domizils will ich hier in aller Deutlichkeit Ausdruck verleihen – zuvorderst sei die Küche erwähnt, deren fünfplattiger Induktionsherd, Spülmaschine, Wandbackofen und hochmoderne Kühlkombination mein kochbegeistertes Herz sehr hoch schlagen ließ. Daneben nenne ich eine Wohn-Esszimmerkombination, ein Schlafzimmer, ein für Kopenhagener Verhältnisse stattliches (für deutsche und spanische Verhältnisse normales) Bad und einen kleinen Flur mein (Miet-)Eigen. Doch in der Tat war (und ist) die Freude über die formidable Küche besonders groß – wird sie doch vor allem dadurch gewissermaßen exponentiell amplifiziert, dass mir in meiner madrilenischen Wohnung etwa sechs Quadratmeter mit zwei Kochplatten, dafür aber ohne Backofen das Ausleben meiner kulinarischen Interessen zumeist versalzte.

Nun denn, damit wären wir auch schon beim Tagesordnungspunkt "Vergleich Kopenhagen – Madrid". Der fällt, der eine oder die andere mag überrascht sein, recht eindeutig aus: Ich habe mich sehr auf meine Rückkehr nach Dänemark gefreut, und nach einem Monat im Norden finde ich mich immer wieder und ziemlich uneingeschränkt in dieser Vorfreude bestätigt. Nun soll dies nicht so klingen als hätte ich mich in Madrid nicht wohlgefühlt bzw. wäre meine Zeit dort nur vom Harren auf meinen Wiederweggang geprägt gewesen. Da kann ich nur sagen: Mitnichten! (Zumal wir seit Heinz Erhardt wissen: Hoffen und harren macht manchen zur Schnecke!). Nein, ich hatte eine tolle Zeit in Madrid – neben den großartigen Riojas (die ich in den letzten Monaten mehr und mehr ins Herz schloss), den vielfältigen Tapas, dem im Vergleich zu Dänemark fantastischen Wetter werde ich vor allem die Kollegen, von denen mir einige zu Freunden geworden sind, vermissen. Als diese mir bei meiner Abschiedsparty (nachdem sie mir ein paar tolle Geschenke mit auf den Weg gegeben hatten) ein spanisches Abschiedslied von offenbar ziemlichem melancholischem Pathos sangen, habe ich im Anschluss erwidert, dass ich einerseits froh sei, nicht besonders viel vom Text verstanden zu haben, da ich sonst eine gewisse Träne hätte verdrücken müssen, ich andererseits aber traurig sei, Madrid verlassen zu müssen, da eben sie – die Kollegen und Freunde – mir meine Zeit in Madrid zu einer großartigen haben werden lassen. Dieser Bewertung ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen, außer dass ich mich danach nochmals sehr freute, als am letzten Abend in unserer Stammkneipe "Rastaberna" der Wirt, als er mitbekam, dass ich Madrid den Rücken kehre, mir noch ein T-Shirt mit dem Bar-Emblem schenkte.

Nichtsdestotrotz – es ist gut, wieder hier in Kopenhagen zu sein. Das liegt an diversem: Hier ist eben einfach alles entspannter, die Bürokratie (Einwanderungs-, Uni-, Gesundheits-, Kommunalverwaltung) läuft reibungsloser (böse Zungen mögen im Rahmen des Vergleichs mit Spanien sagen: sie läuft überhaupt!), außerhalb der eigenen vier Wände muss man Angst weder vor trotz roter Ampel durchbrausenden Autos noch vor einem Eintritt in die allenthalben herumliegenden Hundehaufen haben, und bei der Arbeit hat man Tageslicht im Büro, einen Kaffee-/Bibliotheks-/Sozialraum nebenan, eine Mensa, in der es nicht täglich bloß fettwabbelige Pommes frites gibt, und einen Chef, der nicht in jedem Gespräch darauf Wert legt, für seine wissenschaftliche Großartigkeit demütige Ehrerbietung erwiesen zu bekommen. Dass man in einer halben Stunde mit Metro und Fahrrad am Meer und/oder im Vogelschutzgebiet (43 Arten sah ich dort, im Naturschutzgebiet Westamager, am vergangenen Wochenende) ist, wirkt sich in der Bilanz freilich nicht negativ für Kopenhagen aus. Also, kurzum – ich freue mich, wieder hier zu sein, und auch auf die kommenden Monate aus vielerlei Gründen, wobei die wissenschaftlichen Herausforderungen, die sich mir stellen werden, durchaus erwähnenswert sind – schließlich soll Ende Januar kommenden Jahres meine Dissertation ihren Abschluss gefunden haben. Dass das viel Arbeit ist, steht außer Frage, aber da sich derzeit Ergebnisse aus meiner bisherigen zweijährigen Arbeit massiv anzusammeln beginnen, beginnt es langsam spannend zu werden. Und die eine oder andere Tagung (z.B. Zürich, Brisbane, Bayreuth?) und der eine oder andere Besuch in deutschen Gefilden wird die Zeit bis Januar 2010 sicher kurzweilig werden lassen.

Nun wird hinsichtlich der zeitlichen Ausdehnung der Inhalt dieses Beitrags dessen Titel in ziemlich keiner Weise gerecht, warf er doch mehr ein Schlaglicht auf den Ortswechsel vom Zentrum der Iberischen Halbinsel auf die Ostseite der Insel Seeland. Dass mich dienstliche und private Beweggründe im März auch nach Berlin, Potsdam (bzw. an den nahegelegenen Seddiner See), Leipzig, Chemnitz, Mainz und Frankfurt führten, sei hier mithin zumindest der Form halber erwähnt. Und als weiteren persönlichen Ausblick darf ich, die nun auch hier im Süden – in Südskandinavien – endlich langsam wärmenden Sonnenstrahlen, singenden Vögel und sprießenden Knospen im Seitenspiegel und die vergangenen Wochen im Rückspiegel, festhalten: Der Frühling kann kommen!

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