So nicht!

Die Regierung tritt mit ihrem Sparpaket jegliches Prinzip von Gerechtigkeit und Ausgewogenheit mit Füßen.

Viel Häme könnte man dieser Tage ausschütten über den Zustand von Merkels Rumpelstilzchenverein, der seine Gurkentruppen aussendet, um die bayrischen Wildsäue im Zaum zu halten – alles Zitate aus koalitionseigener Produktion wohlgemerkt! Doch reiße ich mich angesichts der Ergebnisse der Kabinettssparklausur vom vergangenen Wochenende zur Abwechslung mal zusammen und versuche an einem ganz sachlichen Kommentar. Wobei diese Sachlichkeit keineswegs Gelassenheit impliziert, denn gelassen kann man angesichts der angedachten himmelsschreienden Ungerechtigkeiten wohl kaum bleiben. Ganz und gar nicht gelassen kommentiert etwa Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung die Pläne der Koalition.

Doch vorweg: Gespart werden muss. Haushaltsdefizite in der Größenordnung der letzten Jahre gehören entschieden bekämpft, und jede Ausgabe gehört im Lichte der Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand auf den Prüfstand. Und ja, grundsätzlich auch im Sozialetat – auch hier gebietet der Sparzwang eine Überprüfung der Treffsicherheit der verschiedenen, teils sehr kostenaufwändigen, Maßnahmen.

Doch was die Bundesregierung da vorgelegt hat, entbehrt jeder Möglichkeit zur Rechtfertigung – so notwendig das Sparen eigentlich ist.

Erinnern wir uns, was den Schuldenberg des laufenden und des letzten Jahres zuvorderst mitverursacht hat: Die Bewältigung der Finanzkrise, die Investitionen zur Abmilderung der Wirtschaftsflaute. Diese Krise(n) wurden vom Zaun gebrochen von ungebändigten Finanzmärkten und von einem Spekulantentum, das sich jeglichen Gewissens entledigt hat.

Und wer darf nun zahlen? Familien, Langzeitarbeitslose, Wohngeldempfänger – darauf konnte man sich offenbar schnell einigen. Die Krisenversacher hingegen werden mit Prüfaufträgen belohnt ("Wir loten die internationale Durchsetzbarkeit einer Finanztransaktionssteuer mal aus, wenn das nicht klappt, versuchen wir’s in Europa, aber da am besten mit England und der Schweiz, und hm, zur Not vielleicht dann doch nur, aber dann mindestens, im Euroraum…"). Ach ja, die Energiewirtschaft wird noch beteiligt: Die Atomkonzerne sollen von den zusätzlichen Gewinnen aus den Laufzeitverlängerungen, welche übrigens noch nicht beschlossen sind, einen Teil an den Staat abführen. Soll heißen: Von dem, was vielleicht gar nicht verdient wird, könnte man vielleicht ja was abgeben. Wenn das nicht mal eine klassische Luftbuchung ist…

Nein, dass das alles nicht zusammenpasst und eine mehr als sträfliche Verletzung des Verursacherprinzips darstellt, liegt wohl für jeden auf der Hand. Doch insbesondere die fehlende Balance des Streichkonzerts regt auf. Ein Beispiel: Der Heizkostenzuschuss für die Wohngeldempfänger wurde gewährt, als die Energiepreise ein Vielfaches des jetzigen Niveaus betrugen. Bitte, soll man den Zuschuss nun halt wieder abschaffen oder aussetzen. Aber warum wird die Dieselsubvention an die Landwirtschaft nicht angetastet? Überhaupt, warum wird, wenn es doch so schlecht um die Staatsfinanzen bestellt ist, nicht endlich jegliche vielleicht irgendwie historisch begründbare, aber letztlich unsinnige Subvention mit der gleichen Radikalität gestrichen, mit denen die Schwächsten der Gesellschaft weiter belastet werden? Warum werden Schnittblumen, Rennpferde und Hotelübernachtungen mehrwertsteuerlich begünstigt, während man für Babynahrung und Windeln den vollen Satz bezahlt und gleichzeitig das Elterngeld zusammengekürzt wird? Und passen angesichts des Budgetnotstands Milchbauerngeschenke und Dienstwagenprivilegien noch in die Zeit? Nein, tun sie nicht.

Entlarvend ist die Konsequenz der Regierung beim Schröpfen der Kleinen und die Zaghaftigkeit beim Belasten der Großen: Die Befindlichkeiten der Schnittblumenlobby hängen eben doch höher als die Bedürfnisse derer, die (z.B. als junge Familien) die Zukunft der Gesellschaft gestalten.

Dabei fände ein ausgewogenes Sparkonzept, davon bin ich überzeugt, sicher breiteste Unterstützung in allen Schichten des Volkes. Doch diese Unterstützung spart sich die Koalition ganz offenbar. Sie nimmt damit das Fortschreiten der Spaltung der Bevölkerung (materiell wie auch hinsichtlich der gesellschaftlichen Teilhabe) ganz geflissentlich in Kauf, ja befördert es sogar. Das ist der eigentliche Skandal dieses Sparpakets: Die Finanzspekulanten, die ganze Volkswirtschaften ruinieren, bringen ihre privatisierten Gewinnschäfchen ins Trockene, während die von ihnen veranlassten Verluste sozialisiert und den Sozialhilfeempfängern aufgebürdet werden.

Die Wut darüber wächst. Und womit? Mit Recht!

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1 Kommentar

  1. ..vor allem, wenn man sieht, wofür man so bezahlt; auch als atheistischer Steuerzahler: Für die Gehälter von Bischöfen, Priestern, Vikaren…Was das kostet? Fast eine halbe Milliarde pro Jahr..(allein in Bayern nehmen 7 Bistümer 1,2 Milliarden ein). Die Grundlage? Ein Gesetz von 1803. Laut Grundgesetz sollen diese Zahlungen irgendwann ein Ende haben. Warum nicht jetzt?

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