Ein aktuelles Studiengebühren-Schlaglicht
Mehr Empörung als Genugtuung wird heute jeder empfunden haben, dem die Bildungschangen und Gerechtigkeit am Herzen liegt. Nach einer dpa-Meldung war in allen großen Online-Medien (vgl. z.B. tagesschau.de) zu lesen, dass das Bundesbildungsministerin Schavan seit Wochen eine Studie unter Verschluss hält, die belegt, dass Studiengebühren vom Studium abschrecken. Konkret zeigt die Untersuchung des in Wissenschafts- wie hochschulpolitischen Kreisen anerkannten Hochschulinformationssystems (HIS), dass beispielsweise vom Abitur-Jahrgang 2006 18.000 (!) junge Menschen wegen der Gebühren kein Studium aufnahmen. Im Vergleich zu 2003 habe es im vergangenem Jahr wegen der starken Jahrgänge bundesweit zwar 17 Prozent mehr junge Menschen mit Hochschulreife, gleichzeitig aber fünf Prozent weniger Studienanfänger gegeben, heißt es.
Genugtuung empfinde ich in der Tat ein wenig, wenn ich als erklärter (und begründeter!) Studiengebühren-Gegner nun all die Argumente, die wir seit Jahren gegen das Bezahlstudium vortragen, durch eine repräsentative Umfrage eines renommierten Instituts bestätigt weiß. Doch die Empörung überwiegt, insbesondere über das Reden und Handeln von Ministerin Schavan. Ich habe noch ihre Rede in der Haushaltsdebatte des Bundestages vom vergangenen Jahr im Ohr. Da sagte sie, an die Contra-Gebühren-Fraktionen der SPD, der Grünen und der Linkspartei gewandt: "Seien Sie froh, dass ich für die Hochschulen keine Entscheidungskompetenz habe, denn wenn ich sie hätte, dann gäbe es überall Studiengebühren. Denn ihre Einführung ist schlicht eine Frage der Gerechtigkeit." Frau Dr. Schavan, ich rufe Ihnen zu: Sie irren! Und zwar ganz gewaltig irren Sie. Die Abschaffung der Campus-Maut ist eine Frage der Gerechtigkeit! Und neben den vielen sozialen und solidarischen Argumenten liegt es im Interesse unseres Landes – der Politik, der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Wissenschaft – wenn nicht elterliche Geldbeutel über den Zugang zu Bildung entscheiden. Und dass sich letztere Tendenz jüngst verschlimmert hat, ist ja nun belegt. Rufen Sie Ihre Kollegen in den Ländern zur Ordnung und vor allem zur Vernunft: Machen Sie Schluss mit dem Bezahlstudium! Und vor allen Dingen: Geben Sie die wenigstens mal die Studie raus! Sie und die Kanzlerin tun sich doch keinen Gefallen damit, wenn Sie am Mittwoch auf dem Bildungsgipfel die üblichen Sonntagsreden ("Bildungsrepublik Deutschland) schwingen, während die Zahlen, die Ihre Staatssekretäre im Ministerium unter Verschluss bebrüten (wahrscheinlich in der Hoffnung, dass aus ihnen noch was in Ihrem Sinne entschlüpft), glasklar belegen, dass Ihr Reden und Handeln so wenig zusammenpassen wie eine Legebatterie und ein gesundes Huhn. Mit Ehrlichkeit, Vernunft und einer ordentlichen Portion solidarischen Gespürs wird aus der Bildungsdebatte erst wieder ein Vogel, der fliegt – und zwar in Richtung Zukunft!